Filmkritik: „Dear Wendy“

Ich finde dass Pazifismus mit Waffen eine tolle Sache ist.

In Estherslope, einem kleinen Stadtteil einer anonymen amerikanischen Stadt, sind nur diejenigen cool, die in der dort ansässigen Kohlemiene arbeiten. Dick (Jamie Bell) ist nicht cool. Er will kein Bergarbeiter werden, sondern arbeitet in einem kleinen Laden zusammen mit Stevie (Mark Webber).

Dick ist Pazifist. Dennoch trägt er seit einer Weile eine Spielzeugpistole mit sich herum, die er ursprünglich verschenken wollte. Doch eines Tages bemerkt Stevie, der selber ein Waffenfreund ist, dass es sich um eine echte Waffe handelt. Ab dann leben sie gemeinsam ihre Liebe zu Waffen aus. Sie schleichen sich in die stillgelegte alte Miene um heimlich in den Gängen zu schießen und tragen ihre Waffen jederzeit mit sich umher.

Da ihnen die Waffen ein vollkommen neues Lebensgefühl geben, beschließen sie auch die anderen „Uncoolen“ der Stadt mit einzubeziehen. Zusammen mit Susan (Alison Pill), Huey (Chris Owen) und Freddie (Michael Angarano) gründen sie die „Dandies“, eine geheimer Club der pazifistischen Waffen-Liebhaber. Sie alle bewegen sich nur bewaffnet in der Welt, doch ihr oberstes Prinzip ist, ihren „Partner“ niemals in der Öffentlichkeit zu ziehen. Bei einem Verstoß gegen diesen Grundsatz könnte der Partner „erwachen“ – vielleicht sogar jemanden „lieben“ (töten).

Geschrieben wurde „Dear Wendy“ von Lars von Trier, einem Meister der verspulten Filme. Regie führte Thomas Vinterberg, mit dem er 1995 das Dogma-Manifest verfasste. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit kann sich sehen lassen. „Dear Wendy“ beginnt unscheinbar – fast wie ein typischer Teenie-Film – wird aber im Laufe der Zeit immer seltsamer und schließlich vollkommen absurd.

Die beiden Macher schaffen es, eine komplette Welt auf einen Häuserblock – „Electric Square“ – zu projizieren. Nicht ein einziges mal verlässt die Handlung diesen Mikrokosmos, der kaum größer als ein Fußballfeld ist. Besonders wenn die Handlung etwas actionreicher wird, wird „Dear Wendy“ so noch ein ganzes Stück surrealer.

Bei all der Verrücktheit fällt es jedoch leicht, der Film zu unterschätzen. Auf den ersten Blick ist er eine einfache Komödie – mit schrägen Menschen, stilistischen Anleihen aus dem Wilden Westen und der Renaissance und konsequent inhaltsleer redenden Polizisten. Erst spät – vielleicht sogar erst nach dem Film – fällt einem auf, wie ernst das Thema eigentlich ist.

„Dear Wendy“ ist nur oberflächlich eine Komödie. Unter dieser Oberfläche verbirgt sich ein hartes Stück Gesellschaftskritik.

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