Videos von iranisch-amerikanischem Zwischenfall im persischen Golf

Vor ein paar Tagen ging ein Zwischenfall im persischen Golf durch die Presse. Einige iranische Schnellboote sollen „bedrohliche Manöver“ gegenüber von US-Kriegsschiffe gefahren sein.

Von gefährlichen und aggressiven Manövern sprechen die Pentagon-Offiziellen, von kleinen weißen Paketen, die die iranischen Elitesoldaten unmittelbar vor den US-Schiffen ins Wasser warfen, von bedrohlichen Funksprüchen. „Wir kommen auf euch zu. In ein paar Minuten werdet ihr explodieren“, zitiert der US-Sender CNN eine iranische Warnung an die Amerikaner.
(Spiegel Online)

Nun gibt es auch ein Video von diesem Vorfall:

Ich muss sagen, mir fällt es doch sehr schwer, darin etwas Bedrohliches zu sehen. Im Verglich zu den großen, gepanzerten US-Kriegsschiffen, wirken die iranischen Schnellboote geradezu lächerlich. Schon alleine das Bild, wie eines der Boote neben den Wasser-Turbulenzen der Amerikaner fährt, ist herrlich. Die größte Gefahr ist da doch, dass das Boot von einer Welle umgekippt wird. Auch die unglaublich „militärische“ Aufmachung der Schnellboote ist bemerkenswert. Quietsch-Neon-Blau mit Neon-Orangen Leuten darin. :)

Auch die unglaublich bedrohlichen Funksprüche wirken etwas anders, wenn man sie mal im Original hört, wie beispielsweise in diesem Video:Also ohne Untertitel würde da doch niemand „You will explode in a couple of minutes“ verstehen. Es ist ja allgemein Bekannt, dass plötzlich man alle möglichen Dinge zu hören glaubt, wenn man erstmal – beispielsweise durch Untertitel – darauf konditioniert ist. Für mich wirkt das praktisch wie ein akustischer Rohrschachtest. Jeder hört das, was er hören will. Ich bin mir nichtmal sicher, welche Sprache das ist. Man könnte einen Wettbewerb mit möglichen Interpretationen ausschreiben. :)

Bemerkenswert ist auch, wie unglaublich schlecht die warnenden Funksprüche der Amis zu verstehen sind. Da muss man glaube ich auch echt fit in Englisch sein, um das zu verstehen… vor allem, wenn man sich grade auf einem kleinen Schnellboot in voller Fahrt befindet.

Trotzdem muss ich sagen, dass das wohl eine ziemlich dämliche Aktion der Iraner war. Die Stimmung in der Region ist ja bekanntlich ohnehin schon aufgeheizt, da muss man den Amerikanern nicht noch so schöne Vorlagen geben.

Sowas erinnert mich schrecklich an den Tonkin-Zwischenfall, den die Amerikaner als Vorwand für den Vietnam-Krieg genutzt haben. Oder wie – ebenfalls im persischen Golf – ein US-Kriegsschiff sich von einem normalen Linienflug bedroht fühlte und die Passagiermaschine kurzerhand abschoss (siehe Iran-Air-Flug 655). Glücklicherweise scheinen auf den Kriegsschiffen inzwischen besonnenere Menschen das Kommando zu haben…

Nachtrag 10.1.2008

Der Iran hat das von den Amerikanern veröffentlichte Video als Fälschung bezeichnet (siehe z.B. Netzzeitung). Inzwischen gibt es auch ein iranisches Video von dem Vorfall:Man beachte besonders den Schluss, wo der Iraner die US-Marine kontaktiert. So schwerfällig wie das läuft, wundert mich kein Missverständnis. :) Auffällig ist aber auch, dass die Funksprüche der Amerikaner teils einfach auszusetzen scheinen – keine Ahnung, woran das liegen könnte. Jedenfalls ist bei solcher Kommunikation ja Verwirrung vorprogrammiert.

Ansonsten bietet das Video das, was zu erwarten war: Die Situation in noch harmloser als auf dem US-Video.

Nachtrag 14.1.2008

Der Artikel „‘Filipino Monkey’ behind threats?“ stellt die Theorie auf, dass die bedrohlichen Funksprüche garnicht von den Iranern kamen, sondern von irgendwelchen Witzbolden in der Gegend.

Scheinbar gibt es gerade in dieser Meerenge eine Häufung an solchen schlechten Scherzen. In dem Artikel wird auch ein ehemaliger Marine-Kapitän zitiert, wie sein Schiff früher regelmäßig über Funk seltsame Sprüche, Beleidigungen oder Drohungen abbekommen habe.

Zusätzlich wird erklärt, dass die Stimme des Droh-Spruchs nicht wie die klingt, die auf der iranischen Version des Videos zu hören ist. Es seien auch zu wenige Hintergrundgeräusche zu hören, als dass die Sprüche von einem kleinen Schnellboot auf offener See stammen könnten. Wahrscheinlicher sei eine Station an der Küste oder auf der Brücke eines größeren Schiffes.

Ebenfalls zitiert werden US-Offizielle, die zugeben, dass die Quelle nicht feststellbar sei. Die Funksprüche seien in der US-Version enthalten, um die Gesamtheit der Situation darzustellen und halfen das aggresive Verhalten zu zeigen.

When asked if U.S. officials considered whether the threats came from someone besides the Iranians when releasing the video and audio, Roughead said: “The reason there is audio superimposed over the video is it gives you a better idea of what is happening.”

Similarly, Davis said the audio was part of the “totality” of the situation and helped show the “aggressive behavior.”

Ich glaube, selten hat jemand Offizielles so deutlich zugegeben, dass Propaganda-Müll fabriziert wurde.

Siehe auch

Wo der Artikel jetzt eh schon so lang geworden ist, hier auch noch ein kleiner Rückblick auf frühere Beiträge zur „Bedrohung duch den Iran“:

Iran will Israel nicht von der Landkarte tilgen

Britische Soldaten agierten in undefiniertem Territorium zwischen Iran und Irak

Scharfschützengewehre im Irak stammen wahrscheinlich nicht aus dem Iran

5 thoughts on “Videos von iranisch-amerikanischem Zwischenfall im persischen Golf
  1. Hi,

    deine Theorie mag stimmen, aber der Cole-Zwischenfall zeigte, dass so ein Boot sehr wohl gefaehrlich sein kann.

    Gruss

    Frank

  2. Hallo Frank,

    das stimmt natürlich – allerdings nicht unter diesen Umständen.

    Die Distanz ist zu groß um irgendjemanden zu sprengen. Außerdem würden Terroristen wohl kaum „aggressive Manöver“ fahren, sondern einfach direkt auf Kollisionskurs gehen. Und Terroristen würden wohl eher einen Ort mit etwas mehr Deckung zur verdeckten Annäherung bevorzugen anstatt offene See, wo sie schon von weitem beobachtet werden. Und wahrscheinlich würden sie erst recht nicht ankündigen, dass jemand bald explodieren würde. :)

    Noch dazu scheinen die Boote ja unmittelbar dem iranischen Militär zugeordnet worden zu sein. Und auch wenn die USA die iranischen Revolutionsgarden gerne auf ihre Terror-Liste setzen wollen (oder haben sie es schon?), sind sie nicht gerade für eine Historie von Selbstmordattentaten bekannt. Ich könnte diesbezüglich auch keine Motivation erkennen.

    Viele Grüße,
    Florian

  3. Pingback: Nachrichtenfluss

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