Stadt ohne Werbung: São Paulo

Leere Plakatwand

Werbung wird immer mehr zu einem festen Bestandteil unseres Städtebildes. Es gibt kaum einen öffentlichen Ort, wo nicht ein paar Plakate oder ähnliches hängt. An manchen Orten gibt es geradezu einen Werbe-Overkill, eine visuelle Überflutung mit Plakaten, Leinwänden, Neon-Reklamen, riesigen Bildschirmen und mehr.

São Paulo hat nun drastische Schritte eingeleitet, um dem entgegen zu wirken: Seit dem 1. Januar 2007 ist fast sämtliche Außenwerbung in der Stadt verboten.

Ein entsprechendes Gesetz wurde im September 2006 erlassen. Es gab nur eine Gegenstimme. Nun stehen auf Werbung im öffentlichen Raum Strafen von bis zu über 3’000 Euro.

Die Werbeindustrie ist darüber natürlich wenig glücklich. Dalton Silvano, die eine Gegenstimme und selbst tätig im Werbegeschäft, meint dazu: „Ich denke die Stadt wird ein traurigerer, tristerer Ort werden. Werbung ist sowohl eine Kunstform, als auch, wenn man alleine im Auto oder zu Fuß unterwegs ist, eine Form der Unterhaltung, die hilft, Einsamkeit und Langeweile zu lindern.“

Die Bevölkerung begrüßt die Änderungen jedoch größtenteils. Dem Bürgermeister zufolge wurden vorherige Absprachen, die die Werbung unter Kontrolle halten sollten, nicht eingehalten. Die Stadt hätte nicht die Kapazitäten entsprechende Regulierungen im Detail zu kontrollieren. Also blieb nur ein vollständiges Verbot von Werbung.

Einige Werbefirmen geben zu, dass der öffentliche Raum teilweise missbraucht wurde, und dass ein Großteil der geschätzten 13’000 Anzeigentafeln illegal installiert wurden.

Ich persönlich finde das ja ziemlich cool. :) Es wird dem Stadtbild von São Paulo sicherlich gut tun. Auf Flickr gibt es auch einige Fotos von Tony de Marco, die die Stadt mit verlassenen Werbeflächen zeigen. Hübsch. ^_^

Quellen

Boing Boing: Sao Paulo goes advertising-free
Internatinal Herald Tribune: Billboard ban in São Paulo angers advertisers
Tony de Marco: São Paulo No Logo

Nachtrag

Nicht alle Werbung ist verboten, in geringem Umfang ist sie noch erlaubt. Wikipedia meint dazu:

Erlaubt sind auf einer Fassade von bis zu zehn Metern Höhe nur noch 1,5 Quadratmeter Werbung, auf einer Fläche bis zu hundert Quadratmetern darf sie höchstens vier Quadratmeter ausmachen.

14 thoughts on “Stadt ohne Werbung: São Paulo
  1. Gute Werbung ist denke ich immer eine Bereicherung, man sollte es jedoch nicht übertreiben. Ich empfinde die Reaktion als zu radikal. Wenigstens ein paar bestimmte Flächen sollten für Werbung nutzbar sein.

  2. Der Versuch mit den paar bestimmten Flächen ist wie gesagt in São Paulo gescheitert, weil sich kaum jemand daran gehalten hat.

    Abgesehen davon ist leider nicht jede Werbung gut – und man kann schlecht Qualitätskriterien erlassen. Ich glaube, eine Stadt ohne Werbung ist viel attraktiver, als eine Stadt mit nur manchmal guter Werbung.

    (trotzdem ein mutiger Versuch – so ein Verbot hat ja auch eine ganze Reihe wirtschaftlicher Folgen)

  3. Pingback: Creation Noise
  4. Werbung ist die Pest unserer Zeit

    Mir juckt die Faust, wenn ich Werbung sehe – egal, was für welche.

    Ich hasse Werbung. Warum?

    Werbung ist intellektuelle Belästigung. Sie lässt dich nicht in Ruhe. Morgens früh weckt sie dich im Radiowecker, am Tage siehst du sie in Zeitung und auf Plakaten, und abends im Fernsehen.

    Werbung wird einfach als gottgegeben toleriert, wie Luft, Regen oder Bäume. Dabei ist Werbung ein reines Kind des kommerziellen 20. Jahrhunderts. Früher war die Welt frei von Werbung.
    Frei von Geschmacklosigkeit und frei vom gesellschaftlichen Mechanismus zur Kaufanimation: Kaufen ohne Reflektieren.

    Werbung weckt Bedürfnisse, wo nie welche gewesen sind. Sie lenkt von wichtigen Dingen ab. Kaufe und Du bist automatisch zufrieden. Werbung beantwortet Fragen, die keiner gestellt hat. Keiner will wissen, wie David Beckham riecht, keiner will wissen, warum ein Joghurt jetzt noch besser schmeckt oder warum Persil jetzt noch weißer wäscht. UND WER ZUM TEUFEL KAUFT EIGENTLICHEN DIESEN SCHEISS VON JAMBA!!!

    Es gibt keine Möglichkeit zu entkommen. Der öffentliche Raum wird gnadenlos von Werbung eingenommen. Wer hat das erlaubt? Wer hat mich gefragt? Warum nimmt sich hier kein deutscher Politiker ein Beispiel an der wirtschaftsstärksten Metropole Süd-Amerikas São Paulo [„Stadt ohne Werbung“]? Dort ist seit Anfang 2007 jegliche Werbung im öffentlichen Raum, sei es durch Plakate, Schilder oder Leuchtreklame komplett verboten. Die Leute haben dort erst mal wieder die Möglichkeit, ihre Häuserfassaden wahrzunehmen [siehe Flickr].

    Werbung ist absolut undemokratisch. Nur wer das Geld hat, darf werben und jedem unaufgefordert seine Meinung kundtun. Wer kein Geld hat, kann auch nicht seine Meinung aussprechen. Der Mensch ist reduziert zum Konsumvieh. Nur wer kauft, ist was wert. Kaufe mich, und du bist was wert.

    Werbung ist eine ökologische Katastrophe. Es werden jährlich mit Unmengen an Energie und Wasser ganze Wälder zu Werbezettel verarbeitet, die niemand lesen will und nur die Briefkästen verstopft, es werden Werbefilme gedreht, die niemand im Fernsehen oder im Kino sehen will, es werden Werbebanner im Internet platziert, die viele mit automatischen Werbefiltern blocken. Kurz: Keiner will Werbung.

    Jetzt werden mit Sicherheit die besser verdienenden FDP-Wähler klagen „Ja, aber die Arbeitsplätze..“ Stimmt, Werbung schafft Arbeitsplätze. Aber diese bezahlen wir alle als Verbraucher durch höhere Kosten mit. Werbung ist nicht Produktinformation sondern -desinformation. Werbung erzählt dir, wie toll du bist, wenn Du rauchst, auf Partys viel trinkst und dicke Autos fährst. Werbung schafft Magersüchtige.

    Die einzige wirkliche Verbraucherinformation, die ich gelten lasse, sind Tests der Stiftung Warentest und Mundpropaganda von Freunden.

    Werbung durchseucht die Medien. Wer Werbung platziert, duldet keine kritische Berichterstattung. Sender, die von Pharmafirmen gesponsert werden, kritisieren wohl kaum die Machenschaften dieser korrupten Zunft. Magazine, die Kampagnen der Energieerzeuger drucken, werden nie kritisch mit RWE&Co umgehen, da die sonst schnell keine Werbung mehr schalten.

    Ich habe keine Werbung auf meiner Website.

  5. Ich hasse Reklame genauso wie Faustjucken.de. Reklame ist ein Verbrechen und Verbrecher gehören in den Knast. Irgendwann werde ich mich gegen den ständigen Reklameterrorismus mit brutaler Gewalt verteidigen. Wenn ich genug Geld gespart habe, werde ich nach Sao Paulo auswandern. Wegen dieser Scheiß Reklame, und weil es Obdachlose, Arbeitslose, Drogentote, ekelerregende Superreiche und noch viel mehr Perverses gibt, wünsche ich mir die minimalsozialistische DDR zurück. Nur dort fühlte ich mich als Mensch und … frei. Wer mir direkt schreiben will: ddr-daniel@live.de

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