Es lebe die Schwarzkopie

Die Unterhaltungsindustrie investiert nach wie vor beträchtliche Summen in Propaganda und Lobbyarbeit gegen “Raubkopien”. Inzwischen hat sich das Wort eingebürgert und wird im allgemeinen Sprachgebrauch für unlizensierte Kopien verwendet. Leider scheint niemand mehr darüber nachzudenken, was das Wort „Raubkopie“ denn eigentlich impliziert.

§ 249 Raub
(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(aus dem deutschen Strafgesetzbuch)

Auf Softwarekopien passt das ja nun irgendwie nicht. Welche Kopie wird schon mit Gewalt gegen eine Person angefertigt? Wo wird einer Person etwas weggenommen? Wenn man eine Software kopiert, hat sie der Besitzer des Originals noch immer. Wo ist da bitteschön der Raub?

Schlimmstenfalls wird aufgrund der Kopie etwas nicht gekauft, was man sonst vielleicht gekauft hätte. Schlimmstenfalls bleibt also etwas aus – in keinem Fall wird jemandem etwas weggenommen, oder jemandem Gewalt angetan.

Das Wort “Raubkopie” suggeriert einen viel schlimmeren Vorgang, als er tatsächlich stattfindet – oder verharmlost den echten „Raub“. Daher finde ich diese Bezeichnung ziemlich unschön.

Glücklicherweise ist Sprache jedoch lebendig, man kann also versuchen ein anderes Wort dafür zu verbreiten. Mein Vorschlag für den Alltagseinsatz: Schwarzkopie. Ich finde, das trifft es am besten. Bessere Vorschläge sind herzlich willkommen.

Übrigens gibt es im Englischen ein ähnliches Phänomen: „Piracy“. Das ist sogar fast noch schlimmer, den Piraten sind – trotz aller Verklärung durch aktuelle Kinofilme – ein ziemlich fieser Verein. So richtig mit Mord und Totschlag und so. Wie man unlizensierte Softwarekopien damit in Verbindung bringen kann, ist mir nicht so ganz klar. Vermutlich hängt es mit dem „Robin-Hood-Image“ zusammen, dass Piraten in den meisten Geschichten bekommen haben.

Im englischen kenne ich allerdings keinen schönen Ersatzbegriff. Kann da jemand weiterhelfen?

6 thoughts on “Es lebe die Schwarzkopie
  1. Meines Wissens wurde der Begriff „Raubkopie“ von einem gewissen Anwalt aus München in den 90ern erstmalig verwendet. Damals war er noch für verschiedene Publisher tätig… Kann mich allerdings irren…

    Dass es ein Unwort ist, steht hingegen vollkommen außer Frage.

  2. Ich finde, Raubkopie passt. Warum?

    Raub = sich etwas unrechtmäßig aneignen, danach hat es der Räuber, aber nicht mehr der Beraubte

    Raubkopie = sich etwas unrechtmäßig aneignen, danach hat es der Räuber, aber auch noch der Beraubte, deswegen ja Kopie

    Das ist wie der Unterschied zwischen Verschieben und Kopieren von Dateien.

    Man könnte es auch so sehen: Ein Künstler hat ein Werk geschaffen, das X Leute sich aneignen möchten. Dann machen Y

  3. von denen eine Raubkopie. Der Künstler hat dann nur noch ein Werk, das sich X-Y Leute aneignen möchten, wurde also beraubt.

    Ich finde, illegale Kopiererei wird zu sehr verharmlost. „Jeder“ tut es, man denkt sich nichts dabei. Ein Werk ist ein abstraktes Ding. Man sieht nicht die Arbeit des Künstlers dahinter bzw. dass der Künstler davon leben muss.

    Vor ein paar Jahren hatte ich mal in der Zeitung einen Steckbrief einer meiner Lieblingsmusikerinnen gelesen. Sie hatte weniger Jahreseinkommen als ich. (zu dem Zeitpunkt)

    Wer raubkopiert, schadet Menschen, die als Künstler (oder Software-Ingenieure oder was auch immer) ihren Lebensunterhalt bestreiten. Sie produzieren ihre Werke zu unserem Spaß, Nutzen etc. Und „wir“ machen ihnen dafür das (Über-) Leben schwer.

    Das ist ziemlich krass, finde ich, und deshalb ist so ein harter Begriff wie Raubkopie angebracht. So leugnet man wenigstens nicht das schlechte Gewissen, das man bei der Tätigkeit des illegalen Kopierens haben sollte.

  4. Deine Definition von Raub stimmt nicht.

    Raub, der durch Gewalt gegen eine Person oder mittels Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangene Diebstahl (Meyers Lexikon online)

    Unter Raub wird allgemein die gewaltsame Wegnahme fremder Sachen verstanden. (Wikipedia)

    Die Gewalt ist zentraler Bestandteil des Begriffs. Bei Softwarekopien ist nunmal überhaupt garkeine Gewalt im Spiel. So ist der Begriff eine Verharmlosung von echtem Raub, was nunmal eine viel schlimmere Sache ist – egal wie man zu Schwarzkopien steht.

    Deine Definition gehört zum Diebstahl. Aber auch das passt auf Schwarzkopien nicht. Wie gesagt: Nichts was der Urheber vor dem Schwarzkopieren hat, hat er danach nicht mehr. Und dieses „Danach-Nicht-Mehr-Haben“ ist nunmal ein zentraler Bestandteil des Diebstahls.

    Man kann zu Schwarzkopien stehen wie man will, aber weder Raub, noch Diebstahl passen auf diese Form der Rechtsverletzung.

  5. Allein die Gewinnspanne der BMG’s,Sony’s und wie die sonst so heißen, wäre für Selbige wieder etwas er(ein)träglicher. Hat die Musikindustrie sich jemals Gedanken darüber gemacht, wie leidenschaftslos selbstverständlich sie selber ihre Künstler über z.T. Jahrzehnte „ausgeraubt“ hat. Vielleicht sind alle diese bösen illegalen Toaster auch nur lauter kleine gute Promoter? Der von der Unterhaltungsindustrie selbst in die Öffentlichkeit getragene Begriff des „Raubkopierers“ nötigt mir nur ein müdes lächeln ab, und zeigt deren Ohnmacht und Einfallslosigkeit. Viele Künstler haben längst neue lukrative Absatzmärkte für sich entdeckt und sich somit einen Ausgleich geschaffen.

  6. Juhu, endlich mal jemand der das Wort Raubkopie genau so unerträglich und unpassend findet wie ich. Jedes mal wenn ich das höre stelle ich mir vor wie ein bewaffneter Räuber vor dem Künstler steht und von ihm fordert die CD doch zu kopieren.
    Das Delikt selber find ich nicht in ordnung, aber kann es teilweis dennoch nachvollziehen.

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