Am Mittwoch sprach Ulrich Maurer, der in Baden-Württemberg für das Linksbündnis kandidiert, auf dem Freiburger Rathausplatz. Erfahrungsgemäß gehören Mitglieder der PDS (jetzt Linkspartei) zu den wenigen Politikern, die nicht nur populistischen Stuss von sich geben, und denen man daher auch wirklich zuhören kann. Also wollte ich mir diesen Auftritt nicht entgehen lassen.
Umso überraschter war ich, als ich als eines der ersten Wörter „Heuschrecken“ hörte. Und wieder. Und wieder. Und wieder. „Heuschrecken“ am laufenden Band. Auch danach wurde es leider nicht besser. Ulrich Maurer scheint eine Vorliebe für hänselnde Spitznamen zu haben, denn später folgten noch „Schavansinn“ für die Politik von Anette Schavan (CDU) und „die Verwelkten“ für die Grünen. Ansonsten bestand seine ganze Rede (zumindest der Teil, den ich mitbekam – ich war leider 30 Minuten zu spät) darin, ausgiebig darüber herzuziehen, was SPD und Grüne so alles falsch machen. Eigene Konzepte waren nicht auszumachen.
Wie konnte das sein? Stilistisch erinnerte der Auftritt mehr an eine Stammtischrede als an eine ernstzunehmende politische Position. Kurz: Mit meinem bisherigen Eindruck von PDS/Linkspartei-Mitgliedern war dies nicht vereinbar. Also fragte ich bei einem der „Ordner“ nach. Und siehe da: Er gehört zur WASG.
Ulrich Maurer war über 30 Jahre Mitglied der SPD und wechselte im Juni zur WASG. Das über die SPD erlangte Landtagsmandat behielt er jedoch. Beim Parteitag der Linkspartei wurde er auf Platz 1 der Landesliste Baden-Württemberg gewählt – mit Druck der in Baden-Württemberg deutlich mitgliederstärkeren WASG, die wenig glücklich darüber war, dass die Linkspartei auch Gegenkandidaten zur Wahl auf Platz 1 stellte. Seine Reaktion darauf, dass er „nur“ mit 57,8% der Stimmen gewählt wurde: „Um die, die mir ihr Vertrauen nicht gegeben haben, werde ich mich kümmern.“ (Quelle: Tobias Pflüger)
Ich mache mir allmählich Sorgen, dass sich die Linkspartei mit diesem Bündnis keinen Gefallen getan hat. Inzwischen habe ich ernsthafte Hemmungen, mit einer Stimme für die Linkspartei auch Menschen wie Oskar Lafontaine und Ulrich Mauerer zu unterstützen. Meine Erststimme haben sie sowieso schon verloren, da auch in meinem Wahlkreis (Lörrach – Müllheim) kein Kandidat der Linkspartei zur Wahl steht, sondern jemand von der WASG – und ich bin kein WASG-Wähler.
Bei politischen Themen ist es immer heikel bereits mit einer gewissen Wertung etwas zu schreiben. Ich bevorzuge hier den Weg einfach Meinungsbilder aufzuzählen und so stehen zu lassen und das nur, wenn ich diese für angebracht halte.
Bei mir bestehen in vielen Dingen Ansichtsunterschiede zu den Inhalten und Vorhaben der Linkspartei, die WASG ist darin ja inzwischen aufgegangen. Aufgrund dieser Ansichtsunterschiede habe ich eine andere Partei bevorzugt, die allerdings nicht die derzeitige Regierung stellt.