Es war einmal eine Zeit, in der führten Menschen Protokoll über ihre Entdeckungen in den Weiten des Internet. Wenn sie eine spannende Seite fanden, veröffentlichten sie deren Adresse zusammen mit einem kurzen Kommentar auf ihrer Webseite. Dieses Protokoll nannten sie Web Log (Protokoll des Netzes).
Einer der bekanntesten Vertreter dieses Genres war (und ist) Slashdot. Das so simple Weblog-Prinzip verschaffte Slashdot einen unvergleichlichen Berg an Lesern. Die Popularität wurde so stark, dass verlinkte Seiten regelmäßig unter dem folgenden Besucheransturm zusammenbrachen. Ähnlich bekannt ist Boing Boing. Seit dem Jahr 2000 hat es die Form eines Weblogs, führte zuvor aber bereits über 10 Jahre lang ein Dasein als gedrucktes Magazin.
Bei diesen klassischen Weblogs liegt der Fokus auf dem Entdeckten. Es gibt keine ausgedehnte Berichterstattung über die Fundstücke; der Kommentar selbst ist meist nur einige wenige Sätze lang.
Irgendwann begannen Weblogs sich zunehmend zu verbreiten. Die nötige Software war frei verfügbar und wurde immer leichter zu nutzen. Immer mehr Menschen starteten ihre eigenen Weblogs.
Doch nicht jeder Autor beschränkte sich auf ein schlichtes Protokoll seiner Entdeckungen. Zunehmend entstanden auch tagebuchartige Beiträge und umfangreiche Artikel. Obwohl sich diese Webseiten deutlich von den ursprünglichen inhaltlichen Konzepten unterschieden, nutzen sie weiter die Bezeichnung Weblog – und verkürzten sie irgendwann trendig zu „Blog“. Niemand kam auf die Idee, seine Webseite „Web Diary“ (biary?) oder „Web Magazine“ („Web Zine“ existiert übrigens) zu nennen, so wurde der ursprünglich so klare Begriff immer weiter aufgeweicht.
Jetzt ist irgendwie alles Blog, was regelmäßig veröffentlicht wird. Aber nicht alles. Eine klare Abgrenzung ist unmöglich geworden.
Typische Blogmerkmale wie Kommentarfunktionen, chronologische Auflistungen und RSS-Feeds sind auch bei Nicht-Blogs weit verbreitet. Insbesondere Nachrichtenseiten lassen sich kaum von Blogs unterscheiden. Ihr professioneller Hintergrund kann den Unterschied auch nicht ausmachen, schließlich gibt es inzwischen auch zahlreiche professionelle Blogautoren.
So wurde „Blog“ im Laufe der Zeit zu einem relativ bedeutungslosen Kunstwort. Die treffendste Definition, die heute noch auf Blogs zutrifft ist wohl diese:
Ein Blog ist eine regelmäßig aktualisierte Webseite, die sich selbst als Blog bezeichnet.
..ist das schlimm?
Hm, ja, also wie dieses „Blog“ hier ;-)
Bernd: Naja, etwas schade um den Begriff halt.
Marcus: Ich habe nie behauptet, ich unschuldig bin. ^_^
Heute würde ich mir einen anderen Namen für diesen Bereich meiner Homepage ausdenken (Inforauschen?). Aber im nachhinein umbenennen ist halt etwas schwierig…
Wie sagte Ovid schon vor vielen Jahren: „Tempora mutantur et nos mutamur in illis.“
Nichts ist schnellebiger als das Internet.
Die Definition hat m.E. den Mangel, dass sie die Perspektive des Rezipienten entspricht.
Aus der Perspektive des Bloggers hingegen muss die Definition insoweit erweitert werden, als dass die „regelmäßige Aktualisierung“ eines Blogs „kinderleicht“ ist und keinen nennenswerten HTML-Kenntnisse und dergleichen erfordert.
Hmm… also ich kann mir auch Blogsysteme vorstellen, die nicht ganz so simpel sind. Umgekehrt kann ich mir auch Nicht-Blogs vorstellen, die sehr einfach zu aktualisieren sind.
Die Einfachheit trifft bestimmt auf den Großteil der aktuellen Blogsoftware zu, aber ich denke, vor allem in den Anfängen der Blog-Kultur gab es auch ganz normale Webseiten ohne Software dahinter, die sich Blog nannten. Vielleicht gibt es sie sogar immernoch (kennt jemand ein Beispiel?).
Mal abgesehen davon, ist es überhaupt sinnvoll, Webseiten danach zu klassifizieren, wie sie gepflegt werden? Ich neige immer sehr dazu, das zu trennen.
(Sorry, dass ich heute so kritisch klinge *g*)