StudiVZ erweitert AGB um Vertragsstrafen und mehr Unerfreuliches

[Achtung: Dieser Beitrag ist vom 17. März 2007. StudiVZ hat inzwischen andere AGB, über die ich aber nicht viel weiß. Dieser Artikel hat daher nurnoch einen historischen Wert.]

Diese Woche haben Nutzer des Studentennetzwerkes StudiVZ die neuen AGB der Firma per E-Mail zugeschickt bekommen. Wie üblich wird wohl nur ein Bruchteil der Mitglieder die AGB (im Volltext bei Politblog.net) wirklich lesen. Damit entgehen ihnen auch einige mehr als heikle Details.

Vertragsstrafen

Laut den neuen [Nachtrag: alten, nicht mehr aktuellen] AGB kann StudiVZ von seinen Nutzern Vertragsstrafen (sprich: Geld) verlangen, wenn sie gegen verschiedene Punkte der Nutzungsbedingungen verstoßen.

8.2 Vertragsstrafenregelung: Verstößt ein Nutzer gegen eine oder mehrere Bestimmungen der Ziffern 2.1 bis 2.4 und/oder Ziffer 7., ist der Nutzer verpflichtet, eine vom Betreiber nach billigem Ermessen festzusetzende und im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe auf erstes Anfordern an den Betreiber zu zahlen. Ferner ist der Nutzer in einem solchen Fall verpflichtet, unverzüglich nach Aufforderung durch den Betreiber eine nach juristischen Standards übliche vertragsstrafenbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben.

Uhm… nach billigem Ermessen? Also Strafen, versteckt in endlos langen AGB, und dann auch noch in nicht definierter Höhe?

Die Vertragsstrafenregelung betrifft übrigens nicht nur krassere „Delikte“ wie Sabotage, sondern auch zahlreiche Kleinigkeiten. Wahrscheinlich würde diese Regelung – strikt ausgelegt – schon einen nennenswerten Prozentsatz der StudiVZ-Nutzer betreffen. Udo Vetter hat sich genauer angesehen, bei welchen Verstößen Vertragsstrafen drohen (Formatierung von mir):

  • wenn der Nutzer möglicherweise gar kein Student ist oder es war (2.1)
  • er sich doppelt anmeldet (2.2)
  • er persönliche Daten oder Fotos eingibt, die sich nicht auf ihn beziehen oder nicht der Wahrheit entsprechen (2.3)
  • er nicht nur private Zwecke verfolgt (2.4)
  • er durch irgendwelche Angaben Rechte Dritter beeinträchtigt (7.1)
  • er “gesetzeswidrige Inhalte” verbreitet (7.4)
  • er massengruschelt (7.5)
  • er Kontaktdaten anderer (z.B. E-Mail-Adressen) ohne deren Einverständnis weitergibt (7.6)
  • er irgendwelche Waren anpreist (7.7)
  • er durch die Nutzung irgendwie gegen Gesetze verstößt (7.8)

Bei „elektronischen Angriffen“ verlangt StudiVZ sogar mindestens 6000 Euro. Zudem soll man in diesem Fall auch noch eine „vertragsstrafenbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung“ abgeben, die unter anderem zum Inhalt hat, den Vorfall zu verheimlichen.

Udo Vetter zufolge sind Vertragsstrafenregelungen in AGB jedoch überraschend, benachteiligen den Nutzer unangemessen und sind damit gegenüber Verbrauchern unwirksam.

Übrigens sollte man als Unternehmer (die in StudiVZ wohl eher selten anzutreffen sind) mehr aufpassen. Wenn ich mich richtig an meine letzte Rechtsvorlesung erinnere, dann sind gegenüber Unternehmern auch fiese AGB zulässig.

Übrigens haben auch Golem.de und Heise über das Thema berichtet.

StudiVZ und das Fernmeldegeheimnis

Nicht viel besser sieht die Datenschutz-Erklärung von StudiVZ aus. Im Bezug auf den internen Nachrichtendienst heißt es da:

Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass studiVZ Mitarbeiter in Extremfällen, in denen der akute Verdacht besteht, dass die AGB nicht eingehalten werden oder unzulässige Inhalte über die Plattform verbreitet werden, diese Nachrichten einsehen können.

Super. „Extremfälle“ und „akuter Verdacht“ ist praktisch nicht definiert, man hat also keine Ahnung, wann StudiVZ in den eigenen privaten Nachrichten herumschnüffeln könnte.

Mal abgesehen davon ist auch dies rechtlich nicht zulässig. Bis auf sehr begrenzte Ausnahmen dürfen Telekommunikationsanbieter (und das scheint StudiVZ dank des integrierten Maildienstes zu sein) nicht in die Kommunikationsinhalte einsehen.

Wieder führt Rechtsanwalt Udo Vetter die rechtlichen Folgen wunderbar aus:

Ein möglicher Verstoß gegen die AGB, der sich überhaupt nicht auf das Mailsystem auswirkt, rechtfertigt den Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nicht. Schnüffelt StudiVZ also zum Beispiel wegen einer vermeintlichen Doppelanmeldung in den Mails oder geht man der Frage nach, ob der Nutzer überhaupt mal an einer Uni eingeschrieben war, verstieße das gegen das Fernmeldegeheimnis. Gleiches gilt für die weitaus meisten Punkte in den AGB, denn diese haben überhaupt keinen direkten Bezug zum “Nachrichtendienst”.

Die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses wird übrigens mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft.

Was zum… ?!?

StudiVZ hat ein beeindruckendes Talent sich unbeliebt zu machen. Eine Androhung von Vertragsstrafen gegenüber allen Nutzern schafft nicht gerade Vertrauen. Ebenso wenig beruhigend sind die Datenschutzbestimmungen.

Denken die über so etwas nicht nach? Haben die keine Rechtsabteilung, die die offensichtlichen Fehler beseitigt?

*kopfschüttel*