Die CO2-Bilanz der Kernkraft

Die Diskussion um die Klimafreundlichkeit von Kernkraftwerken ist auf beiden Seiten ziemlich kaputt. Atomkraft-Befürworter preisen die Energieform ständig als „CO2-frei“. Umgekehrt behauptete SPD-Politiker Kurt Beck, Kernkraftwerke hätten einen höheren CO2-Ausstoß als moderne Braunkohlekraftwerke. Beide Standpunkte sind Blödsinn.

Die Verwertungskette

Bei der CO2-Bilanz von Kernkraftwerken muss die gesamte Verwertungskette berücksichtigt werden. Zwar emittieren die Kraftwerke bei der Stromproduktion direkt kein CO2, doch bei der Brennstoffgewinnung, Bau, und Wartung der Anlagen wird Energie verbraucht, die letztendlich zu CO2-Emissionen führt.

Schätzungen für den CO2-Ausstoß der Kernkraftkette sind leider schwer zu finden. Sie schwanken von 8 bis 65 Gramm CO2 pro Kilowattstunde Strom. Das CO2, was bei der Endlagerung der Brennelemente entsteht, ist dabei allerdings noch nicht berücksichtigt.

Zum Vergleich: Fossile Energieträger kommen (laut der selben Quelle) auf bestenfalls 370g/kWh (Erdgas GuD).

Nachtrag

Eine neue Studie von Jan Willem Storm van Leeuwen und Philip Smith kommt angeblich zu dem Ergebnis, dass die CO2-Bilanz bei Kernkraftwerken und mit der aktuellen Brennstoffqualität zwischen 90 und 140 Gramm CO2 pro Kilowattstunde liegt. Diese Zahlen habe ich allerdings aus Sekundärquellen bezogen, weil die Originalstudie etwas verwirrend aufgebaut ist.

Langfristige Perspektiven

Die CO2-Bilanz ist bei Kernenergie primär von der Rohstoffgewinnung abhängig. Die Versorgungslage bei Uran ist jedoch umstritten.

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft sieht im wesentlichen keine Versorgungsprobleme bei Uran. Sie bergründet das dadurch, dass bisher nur ein geringer Teil der Uranvorkommen entdeckt wurde.

Eine intensive Prospektion fand nur zwischen 1970 und 1985 statt, und zwar mit einem jährlichen Aufwand, der nur einen geringen Bruchteil der Investitionen in die Suche nach anderen Energierohstoffen wie z. B. Erdöl ausmachte.
(Klimaschutz und Energieversorgung in Deutschland 1990 – 2020, S. 68)

Kritische Stimmen sehen das weniger optimistisch. Sie sagen einen sinkenden Erzgehalt beim Abbau vorraus, was den Energieaufwand bei der Gewinnung von angereichertem Uran deutlich erhöht. Das kann sogar soweit führen, dass sich die atomare Energiegewinnung überhaupt nicht mehr lohnt:

Bei einem zu geringen Urangehalt des Erzes wird die Energiebilanz für die Erzeugung von Atomstrom nämlich negativ. Der Energiebedarf für Urangewinnung bis zum Brennelement übertrifft die Energielieferung des Kernkraftwerks.
(„Das Märchen vom CO2-freien Atomstrom„)

Aber…

Dieser Artikel soll kein Statement für oder gegen Kernkraft sein. Er soll nur ein paar Fakten in die teilweise sehr verzerrte Kernkraft-Klimadiskussion bringen. Ergänzende Fakten sind herzlich willkommen, denn sie sind eher schwer zu finden.

Trotz aller Klimabedenken sollte man aber nicht vergessen, dass es bei der Kernkraft noch andere sehr wichtige Faktoren zu bedenken gilt. Allen voran die Erzeugung von nuklearem Abfall, der über zahllose Generationen hinweg sicher gelagert werden muss…

Quellen

Serik.de: Schont Atomenergie das Klima?
Dr. Ludwig Lindner: CO2-Bilanz von Stromerzeugunsanlagen im Lebenszyklus
Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG): Klimaschutz und Energieversorgung in Deutschland 1990 – 2020
Ulf Bossel: Das Märchen vom CO2-freien Atomstrom
ISA, The University of Sydney: Life-Cycle Energy Balance and Greenhouse Gas Emissions of Nuclear Energy in Australia
Nuclear power the energy balance von Jan Willem Storm van Leeuwen und Philip Smith

10 thoughts on “Die CO2-Bilanz der Kernkraft
  1. Ich hab vor Jahren mal irgendwo gelesen, dass es auf dem Mond irgendeinen Rohstoff gibt, der sich wunderbar zur Energiegewinnung (ich glaube auch durch Kernkraft) eignet. Wenn man dahinfliegt um den zu holen kann man doch gleich den Atommüll mitnehmen …

  2. „Atomkraft-Befürworter preisen die Energieform ständig als “CO2-frei”. Umgekehrt behauptete SPD-Politiker Kurt Beck, Kernkraftwerke hätten einen höheren CO2-Ausstoß als moderne Braunkohlekraftwerke. Beide Standpunkte sind Blödsinn.“

    Blödsinn ist das, weiles mit einem Braunkohlekraftwerk verglichen wird. Ein Atomkraftwerk blast letztendlich mehr CO2 als ein GAS-KRAFTWERK in die Luft!
    http://www.oekonews.at/index.php?mdoc_id=1030724

  3. den brennstoff den du meinst – erik – ist H3… dafür müssten wir erstmal die kernfusion in den griff bekommen, was leider noch lange dauern kann bzw. wird.

  4. Ich wohne an der Grenze mit Frankcheich; die Franzosen verkaufen Energie an uns, der französische Strom kommt aber zum größten Teil (ca 96%) von den Kernkraftwerken; da verstehe ich jetzt nicht wieso die Kernkraftwerke nicht gleich bei uns bauen, anstatt zu stornieren??

  5. Na ja ich finde es ja schon gut, dass nicht mehr so viele, bis keine Kernkrafwerke mehr gebaut werden, die langfristige Wirkung dieser ist einfach nicht das ware.

  6. Ich glaube fast, dass es gar keine in der Vollbetrachtung C=2-freie Energiequelle gibt. Selbst meine „CO2-freie“ Erdwärmeheizung braucht Strom aus der Dose für die Wärmepumpe und der wird sicherlich nicht ohne CO2-Ausstoß erzeugt. Aber man sollte ALLES tun, um sich der CO2-Nullgrenze möglichst zu nähern.

    LG
    Tiana

  7. Also ist ein heikles Thema diese Atomstrom bzw. Kernkraft Debatte. Und vor allem „den CO2 Ausstoß verringern“ – klar in Deutschland wird das ganz gut umgesezt, da wir die passenden Gesetze haben. Dafür gehen aber die meisten Firmen nach China und ballern dort doppelt soviel CO2 in die Luft, da es dort keinen juckt..

Comments are closed.