Seymour Hersh ist ein amerikanischer Enthüllungsjournalist, der unter anderem mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde. Bekannt wurde er, als er 1969 das Massaker von My Lai aufdeckte. 2004 brachte er den Folter-Skandal von Abu Ghuraib an die Öffentlichkeit.
In seinem Artikel „Preparing the Battlefield – The Bush Administration steps up its secret moves against Iran” hat er nun einige interessante Details über die Aktivitäten der USA im Iran zusammengetragen. Das Spektrum reicht von der Unterstützung regierungsfeindlicher Organisationen über die Entführung von Geheimdienstlern im Iran bis zu Überlegungen wie man einen Vorwand für einen offenen Krieg fabrizieren könnte.
Unterstützung von Oppositions-, Minderheits- und Terror-Organisationen im Iran
Beispielsweise schreibt er, dass der US-Kongress letztes Jahr Mittel freigegeben hat, um verdeckte Operationen im Iran zu intensivieren. Sie sollen die religiöse Führung des Landes destabilisieren und beinhalten unter anderem Unterstützung für die Minderheitsgruppierungen Ahwazi Arab und Belutschen, sowie andere Organisationen wie die Jundallah, M.E.K. oder PJAK (siehe auch „Secret Bush „Finding“ Widens War on Iran“ von Andrew Cockburn). Diese Gruppierungen sind allerdings alles andere als harmlos.
Die PJAK ist beispielsweise eine Schwesterorganisation der PKK, die im Iran einen bewaffneten Kampf für die Autonomie der Kurden führt. Der Anführer der Organisation lebt übrigens in Deutschland, wo die PJAK auch Guerillakämpfer rekrutiert.
Die M.E.K. (oder auch Modschahedin-e Chalgh) ist seit über einem Jahrzehnt auf den Terrorlisten der EU und des amerikanischen Außenministeriums. Trotzdem hat sie laut Seymour Hersh seit Jahren direkt oder indirekt Unterstützung von den USA in Form von Waffen und Geheimdiensinformationen erhalten.
Auch unter den Ahwazi Arab gibt es mehr als zwielichtige Gestalten, denn dieses Jahr behauptete eine Untergruppe einen Iranischen Oberst ermordet zu haben.
Über die Belutschen sagt der von Seymour Hersh zitierte ehemalige CIA-Offizier Robert Baer, sie seien sunnitische Fundamentalisten, die das Regime in Teheran hassen, aber man könne sie auch als al-Qaida beschreiben: „Das sind die Leute, die Köpfe von Ungläubigen abschneiden – in diesem Fall von shiitischen Iranern. Die Ironie ist, dass wir wieder einmal mit sunnitischen Fundamentalisten zusammenarbeiten, genauso wie wir es in den 1980ern in Afghanistan taten.“ Beispielsweise seien Ramzi Yousef, der für seine Rolle im Bombenattentat auf das World Trade Center 1993 verurteilt wurde, und Chalid Scheich Mohammed, der im Verdacht steht einer der führenden Planer des 11. Septembers zu sein, beide belutschisch-sunnitische Fundamentalisten.
Wahrscheinlich bezieht sich Robert Baer mit seinen kritischen Äußerungen bezüglich der Belutschen aber eher auf die belutschische Terrororganisation Jundallah, denn die Belutschen an sich sind eine ganze Volksgruppe und wohl kaum eine einzige große gewalttätige Masse. Vali Nasr, Professor für internationale Politik, beschreibt die Jundallah als „bösartige Salafi-Organisation deren Mitglieder die gleichen islamischen Schulen besuchten wie talibanische und pakistanische Extremisten“. Sie werden verdächtigt Verbindungen zu al-Qaida zu haben und übernahmen die Verantwortung für einen Bombenanschlag auf einen Bus voller Soldaten im Februar 2007. Laut Robert Baer zählt auch die Jundallah zu den Gruppen, die von der amerikanischen Unterstützung profitieren.
Operationen innerhalb Irans Grenzen
Seymour Hersh berichtet auch, dass Spezialkräfte der USA bereits seit letztem Jahr grenzübergreifende Operationen aus dem südlichen Irak im Iran durchführen. Diese umfassen angeblich die Festnahme von Mitgliedern von Al-Quds-Einheiten, dem Nachrichtendienst der iranischen Revolutionsgarden, sowie deren Verschleppung in den Irak zum Verhör. Auch die Verfolgung von „high value targets“ mit dem Ziel die betreffenden Personen festzunehmen oder zu töten.
Auf der Suche nach einem Kriegsgrund
Das alles scheint der amerikanischen Regierung jedoch noch nicht genug zu sein. Laut einer von Hershs Quellen gab es wenige Woche nach dem berüchtigten Schnellboot-Vorfall (siehe Videos von iranisch-amerikanischem Zwischenfall im persischen Golf) ein Treffen im Büro des Vizepräsidenten. Das Thema waren Wege, einen Kriegsgrund zwischen Washington und Teheran zu finden.
Da scheinbar alle Vorschläge abgelehnt wurden, hatte Hersh ursprünglich nicht über den Inhalt dieses Treffens berichtet. In einem Interview erzählte Hersh aber zumindest von einer vorgeschlagenen Strategie:
„Es gab duzende Ideen wie man einen Krieg starten könnte. Am meisten interessierte mich die Idee, warum wir nicht – in unserer eigenen Werft – vier oder fünf Boote bauen, die wie iranische PT-Boote aussehen. Navy Seals mit vielen Waffen darauf setzen. Und nächstes Mal wenn eines unserer Boote durch die Straße von Hormus fährt, einen Schusswechsel beginnen.“
Abgelehnt wurde der Plan nicht, weil er totaler unmoralischer Wahnsinn ist, sondern weil es nicht sein kann, dass Amerikaner Amerikaner töten.
„Das ist das Level an Dingen über die wir reden. Provokation.”
Der Iran-Konflikt wird sich in diesem Jahr noch zuspitzen. Irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, dass die Bush-Administration wirklich noch vor dem Ende von Bush(idos) Amtszeit einen Angriffskrieg beginnt? und dann gute Nacht?