35mm-Adapter: Mehr Bildfläche und Tiefenunschärfe für Videokameras mit kleinen Sensoren

Bei Kameras ist die Größe der Aufnahmefläche, also des Films oder des digitalen Sensors, entscheidend für die gesamte Bildästhetik. Je kleiner diese Fläche ist, desto weniger Tiefenunschärfe lässt sich im Bild erreichen. Und Tiefenunschärfe ist für viele Aufnahmen ein zentrales Gestaltungsmittel. Zwar lässt sich Tiefenunschärfe auch über die Blendenöffnung beeinflussen, aber die Bildfläche hat einen wesentlich deutlicheren Einfluss.

Nun haben die meisten digitalen Videokameras leider nur winzige Sensoren. Das hat zur Folge, dass selbst mit offener Blende und lichtstarkem Objektiv praktisch immer alles scharf ist. Es gibt zwar ein paar Wege, um dennoch etwas Tiefenunschärfe ins Bild zu bringen (vor allem durch große Brennweiten), aber die Möglichkeiten sind sehr begrenzt und haben meist einige unerwünschte Nebenwirkungen.

35mm-Adapter sind ein Weg, um diesen Bildflächen-Nachteil auszugleichen. Sie geben auch Kameras mit kleinem Chip eine Bildfläche, die der von 35mm-Film entspricht.

Das zugrundeliegende Prinzip ist ein geschickter Trick: Das eigentliche Bild wird nicht auf dem Sensor erzeugt, sondern auf einer vorgelagerten Mattscheibe im 35mm-Adapter. Diese ist größer als der Kamerachip und entspricht für gewöhnlich der größe von 35mm Film. Die Kamera filmt dann nurnoch diese Mattscheibe ab, und übernimmt dadurch die Tiefenunschärfe, die bereits auf der Mattscheibe entstanden ist.

Jeder 35mm-Adapter hat eine Objektivfassung für Wechselobjektive („Bajonett“). Welche Objektive man daran montieren kann, hängt vom Adapter ab. Bei vielen Adaptern kann der Objektivanschluss auch gewechselt werden, sodass man aus verschiedenen Typen wählen kann. Bei den günstigeren Modellen sind vor allem das Nikon-Bajonett verbreitet, da von Nikon eine große Auswahl an günstigen, gebrauchten und vollständig manuell einstellbaren Objektiven besteht. Dass diese Objektive ursprünglich für Fotokameras gebaut wurden, ist dabei unerheblich. Filmemacher mit mehr Budget verwenden häufig auch Objektive von 35mm-Film-Kameras (z.B. mit PL-Mount), aber Hobbyfilmer können sich diese Objektive für gewöhnlich nicht leisten.

Da Objektive physikalisch bedingt Bilder spiegelverkehrt auf die Bildfläche projizieren, bekommt man erstmal ein eben solches spiegelverkehrtes Bild. Ohne zusätzliche Tricks zeichnet dann auch die Kamera das Bild so auf. Man kann zwischen Objektiv und Bildfläche ein zusätzliches Modul schalten, was das Bild wieder richtig herum spiegelt. Doch das kostet natürlich Geld und auch ein wenig Licht. Insbesondere die günstigsten Adapter verzichten daher auf so ein Modul, sodass man sich mit den Nachteilen eines spiegelverkehrten Bildes herumschlagen muss. Schwenken wird so beispielsweise zu einer echten Herausforderung. Leider kann bisher kaum eine Kamera das Bild elektronisch im Sucher spiegeln. Findige Tüftler haben sich daher schon Spiegelkonstruktionen an ihre Displays gebaut um normal sehen zu können. Wenn man das passende Kleingeld hat kann man aber auch einfach eines der erwähnten Module kaufen, die das Bild schon im Adapter spiegeln. Für die meisten günstigeren Systeme sind solche Module optional erhältlich, bei teureren sind sie schon integriert.

Einen Autofokus hat man mit einem 35mm-Adapter nicht mehr. Die Objektive können nur manuell bedient werden. Problematisch ist das aber nur selten, denn zumindest im szenischen Film wird der Autofokus praktisch nie eingesetzt. Generell wird das Schärfeziehen allerdings durch den 35mm-Adapter nochmal eine Ecke anspruchsvoller. Die vergrößere Tiefenunschärfe minimiert naturgemäß den Schärfebereich des Bildes. Man muss also deutlich exakter scharfstellen, als ohne den Adapter. Zudem wird es auch schwieriger, den Schärfering komfortabel zu bedienen, da dieser durch den ganzen Vorbau sehr weit nach vorne verlagert wird. Eine Schärfezieheinrichtung („Follow-Focus“) kann da eine weitere sinnvolle Investition sein.

35mm-Adapter von verschiedenen Herstellern

35mm-Adapter werden von einigen Herstellern angeboten. Die Preisspanne ist dabei recht groß. Man kann für einen 35mm-Adapter schnell mal 10’000 Euro ausgeben, aber günstige sind auch schon für ungefähr 1’000 Euro zu haben. Hier einige der bekanntesten Adapter, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

P+S mini35

P+S Technik hat einen der ersten 35mm Adapter auf den Markt gebracht, allerdings zu Preisen, die man sich als Amateur allenfalls im Verleih leisten kann – und selbst dann muss man noch schlucken.

» P+S mini 35 400
» weitere Adapter von P+S

Cinevate Brevis 35

Der Brevis gehört zu den günstigeren Adaptern. Er wird von einer kleinen Firma in Kanada hergestellt und ist nur per Direktimport verfügbar. Mit diesem Adapter habe ich beyond vision gedreht.

» Cinevate Brevis 35 Produktseite

Redrock M2

Redrocks M2 spielt in der gleichen Preisklasse wie der Brevis und ebenfalls nur direkt vom amerikanischen Hersteller verfügbar.

» Redrock M2 Encore Produktseite

Bisher habe ich mit einem P+S mini35 400, sowie einem Brevis gedreht. Bei Gelegenheit veröffentliche ich vielleicht mal eine Gegenüberstellung.

Letus35

Der Letus35 spielt gleich in mehreren Preisklassen. Die günstigste Variante ist im Bereich von Brevis und M2 inklusive Spiegel-Modul angesiedelt während man für das Flaggschiff Letus35 Ultimate schon über 3000 Euro (plus Zoll) bezahlen darf.

» Letus35 Herstellerseite

3 thoughts on “35mm-Adapter: Mehr Bildfläche und Tiefenunschärfe für Videokameras mit kleinen Sensoren
  1. Danke für die ausführlichen Infos. Wie findest du die Letus-Adapter? Die sind auch relativ günstig zu haben.

  2. Mit den Letus-Adaptern habe ich keine Erfahrungen. Ich kann Dir nur sagen, dass wir uns damals, als wir den Brevis gekauft haben, aus irgendeinem Grund nicht für den Letus entschieden haben – was genau der ausschlaggebende Faktor war, weiß ich jetzt allerdings nicht mehr. :)

    Vielen Dank jedenfalls für Erinnerung, dass es diesen Adapter auch noch gibt. Ich habe den Letus der Auflistung oben hinzugefügt.

Comments are closed.