Unser Gehirn ist eine beeindruckende Maschine, mit Fähigkeiten von denen Computeringenieure noch immer träumen. Doch genau wie die vergleichsweise primitiven Computer, braucht auch unser Gehirn eine Auslagerungsdatei.
Wir haben ein mächtiges Langzeitgedächtnis, aber die Kapazitäten für aktive Denkleistung sind begrenzt. Jeder Plan, jede Verabredung, jedes „Ich muss unbedingt X tun“, das wir im Gedächtnis behalten wollen, blockiert diese Kapazitäten. Im Endeffekt können wir uns schlechter auf das konzentrieren, was hier und jetzt wichtig ist.
Ein Beispiel: Erinnert Euch an das letzte Mal, als Eure Seife zuneige ging. „Ich muss Seife holen, wenn ich einkaufen gehe. Ich muss Seife kaufen. Was muss ich sonst noch kaufen? Habe ich nicht etwas vergessen?“ Wer eine Einkaufsliste hat, führt ein entspannteres Leben.
Das gilt nicht nur für Einkäufe. Beobachtet Euch mal eine Weile. Wie oft denkt Ihr an etwas, nur damit Ihr es nicht vergesst? All diese Gedankenkapazität – verschwendet.
Deswegen hat uns das Schicksal™ Organizer und simple Notizbücher gegeben. Wir können damit Dinge auf Papier auslagern, die sonst unsere Gedanken blockieren.
Ein kleines schlichtes Blöckchen reicht vollkommen dazu. Ein ausgelagertes Gehirn muss nicht hübsch sein (unser biologisches Hirn ist ja auch nicht gerade eine Zierde), es muss nur handlich genug sein, um problemlos mitgenommen zu werden.
Immer, wenn Euch nun eine geniale Idee kommt, könnt Ihr sie schnell aufschreiben. Sie belastet Euer Bewusstsein nicht weiter, und geht auch nicht verloren. Wer weiß, wie viele bahnbrechende Ideen Ihr bis jetzt schon vergessen habt.
Klingt zu simpel um einen langen Artikel darüber zu schreiben? Es ist in der Tat simpel, aber trotzdem gibt es viele Menschen, die sich dieser Möglichkeit nicht bewusst sind. Der Trick ist so einfach, dass er einfach vergessen wird.
Also trainiert Euch. Der Lohn ist ein erleichterter Geist und weniger vergessene Ideen. Vielleicht ist ja die Idee Eures Lebens darunter. :)
Daran habe ich noch nicht gedacht, Notizen als Auslagerungsdatei fürs Gehirn zu bezeichnen. Was wäre ich ohne mein Outlook oder einen gleichwertigen Open-Source-Ersatz Evolution unter Linux. Ich könnte mich gar nicht aller Termine erinnern, besonders, wenn sie weit in der Zukunft liegen. Auch die Synchronisation der Daten mit mobilen Geräten bibt bei mir viele „Bewusstseinsressourcen“ frei.
Tatsächlich arbeitet aber unser Gehirn ja auf eine Weise, die mit Computern nichts zu tun hat. Diese stellen noch nicht einmal eine Analogie oder gar ein Modell dar.
Das Notieren eines erinnerungswerten „Gegenstandes“ ist schließlich kein Auslagern im Sinne des Freimachens von Speicherplatz, der dann für andere Gegenstände verwendet werden könnte.
Im besten Fall träfe das für die Kapaziät unseres Kurzzeitgedächtnisses für ca. sieben Wahrnehmungselemente zu.
Wir können diesen Gedächtnisteil aber nicht bewusst verlagern oder Teile davon „auslagern“.
Im Gegenteil: Oft sind die papiermäßig notierten und somit vermeintlich erinnerungsicher ausgelagerten Dinge diejenigen, die man gerade nicht mehr vergisst und im Bedarfsfall sofort präsent hat.
Vielmehr ist es hilfreich, erinnerungswerte Gegenstände in größere inhaltliche Zusammenhänge zu bringen (zu vernetzen) und somit mental aktivierbar zu machen. Dies kann natürlich auch im Zusammenhang mit dem klassischen Einkaufszettel geschehen.
Danke für die Ergänzung. :)
Der Vergleich mit der Auslagerungsdatei war auch nicht allzu streng gedacht. Es ist kein Versuch, ein Modell entwickeln zu wollen. ^_^
Nur falls das unklar war: Mir ging es nicht nur um das Gedächtnis, sondern um Das-Bewusstsein-Belastende-Dinge allgemein, vor allem eben dieses „Ich muss noch“-Gefühl.
ich habe auch gehört, dass das gehirn neues einfacher behaelt wenn man sich schon mehr behalten hat – also wirklich gar nicht computermaessig – je mehr man also auslagert desto weniger kann das gehirn speichern – und schliesslich ist gerade die kombination von vielen ideen oft die grundlage einer „neuen“ idee – sind die ideen ausgelagert kann man diese wahrscheinlich nicht mehr so gut kombinieren
ausserdem denke ich dass man wirklich gute idee nicht vergisst
Ich habe den Artikel eigentlich garnicht so sehr auf reine Gedächtnisleistung bezogen. Es ging eher um das belastende Gefühl, wenn man zu viele Dinge im Kopf hat.
Was die Kombinationsmöglichkeiten angeht, ist es wohl wichtiger wie gut man Dinge aus dem Langzeitgedächtnis wühlen kann. Keine Ahnung, wie man das fördern kann. :)
Übrigens, diesen Artikel gibt es auch in einer englischen Übersetzung: Your Brain Needs a Swapfile (wobei das für Euch Deutschsprechende wohl weniger interessant ist *g*)