Wahrscheinlich habt Ihr das schon an zwanzig anderen Stellen gelesen, aber solche Dinge dürfen sich ruhig redundant verbreiten, daher hier nochmal:
Am Rande der Demo Freiheit statt Angst in Berlin hat die Polizei zwei Demonstranten verprügelt, was glücklicherweise von anderen Demonstranten auf Video dokumentiert wurde. Von den Opfern ging offensichtlich keine Gefahr aus, weswegen die Gewaltanwendung anscheinend extrem unverhältnismäßig war.
So ein Vorfall ausgerechnet auf einer Bürgerrechtsdemo erinnert schon peinlich an iraner Verhältnisse, auch wenn wir in Deutschland glücklicherweise noch weit davon entfernt sind.
Abgesehen davon verlief die Demo wohl größtenteils friedlich. Allerdings wurde an anderer Stelle jemand auch unsanft und unvermittelt aus einem laufenden Interview heraus festgenommen. Die Aufnahme würde ich gerne mal sehen.
Im Übrigen schlägt der Vorfall angenehm hohe Wellen, sodass die berüchtigte Berliner Polizei etwas näher durchleuchtet wird:
„Gegen Berliner Polizisten kam es in den vergangenen Jahren häufig zu Ermittlungen wegen Vorwurfs der Körperverletzung im Amt. Im Jahr 2008 waren von insgesamt rund 1500 Strafermittlungsverfahren gegen Polizisten, 636 Ermittlungen wegen Körperverletzung. In 615 Fällen stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein, sechs beschuldigte Beamte wurden freigesprochen, verurteilt wurde nicht einer.“ (Frankfurter Rundschau)
Viele fordern daher inzwischen eine eindeutige Kennummer, anhand derer man Polizisten während Ausschreitungen identifizieren kann.
Verfahren gegen die Polizei verlaufen nämlich bislang meistens im Sande, weil die Beamten durch ihren Helm nicht zu erkennen sind und man so den Übeltäter nicht identifizieren kann. Die Nummern auf den Uniformen kennzeichnen bisher nur die Einheit. Und da Beamte nur selten gegeneinander aussagen, bringt das nicht viel.
Weitere Informationen
- Weitere Reaktionen auf die Polizeigewalt (netzpolitik.org)
- Aufruf nach Polizeigewalt bei der FSA09: Informiert die Medien! (Blog vom Karpfenweg)
- Basic Sunday: Gegen die Willkür (Basic Thinking)
- Demo gegen Überwachung: Faustschlag ins Gesicht (Spiegel Online)
- Diverse Beiträge von Fefe
Mehr Über die Berliner Polizei
- Berliner Polizei stoppt willkürlich Karnevalsumzug
- Berliner Polizei löst Treffen in Café auf - wegen angeblicher unangemeldeter Versammlung
Kleiner Nachtrag: Der verprügelte Fahrradfahrer hatte einen Zettel dabei, auf dem er sich die Dienstnummer der Beamten notieren wollte. Dieser Zettel ist nach der Verhaftung mysteriöserweise verschollen. Die taz schreibt dazu:
Und noch eine unerfreuliche Erfahrung mit der Polizei bei dieser Demo. Ein Besucher hatte einen Leatherman (Multifunktionswerkzeug inklusive Messer) dabei. Polizist sagt bei Kontrolle, damit könne er nicht auf Demo. Soweit ok. Nach Hause bringen kann er den Leatherman aber nicht, denn er kommt nicht aus Berlin. Polizist bietet an, das Werkzeug auf der Wache abgeben und später wieder abholen zu können. Betroffener willigt ein, klingt ja nach einer angemessenen Lösung für alle Seiten.
Ergebnis: Anstatt den Leatherman vorübergehend abgeben zu können, wird Anzeige erstattet, er wird verhaftet, eingesperrt, bis auf die Unterhose ausgezogen, Fotografiert, Fingerabrdücke werden genommen, nach Blutprobe wird gefragt, auf die Demo kann er nicht mehr und seinen Leatherman sieht er nie wieder – letzteres war nach der Tortur aber wahrscheinlich sein kleinstes Problem:
» Meine Festnahme – Freiheit statt Angst oder eher Angst statt Freiheit
Auch sehr interessant ist die Analyse eines Kampfsportexperten zu der Situation:
» Intensitätsstufen körperlicher Gewalt
Abschweifenderweise geht er darin geht er auch auf die Hintergründe um die Verhaftung von Rodney King ein. Die dabei eingesetzte exzessive Gewalt führte damals in den USA zu gewaltigen Unruhen. Sehr sehr interessant.
Offenbar war das harmlose Opfer doch gar nicht so harmlos…
http://www.pi-news.net/2009/09/phantom-mit-fahrrad-herr-im-blauen-t-shirt/
Ich sehe da nichts, was gegen harmlos spricht. Schlimmstenfalls ist er eine Nervensäge (ähnliche Gerüchte gab es auch an anderer Stelle). Das wäre aber auch kein Grund ihm mit der Faust ins Gesicht zu schlagen.
Wenigstens scheint sich nun etwas zu bewegen. Der Berliner Innenausschuss wird sich mit dem Fall beschäftigen und die Polizei hat angekündigt, ihre Beamten künftig auch bei Demonstrationen identifizierbar zu machen. Siehe heise und netzpolitik.org.
Das iwr auch immer schlimmer in Berlin, in München es es zum glück noch anderes.
ja sollte Nachrichten sollten sich redundant verbeiten.
Danke.
… wir suchen das Gespräch mit Jugend fällt mir da ein.
Wie man in letzter Zeit wieder hört scheint Polizeigewalt mittlerweile zur Regel gehören. Gerade bei Stuttgart21 ist die Sache ja richtig ausgeartet. Aber zum Glück lässt das Volk nicht mehr alles mit sich machen.