Ich bin ein recht intensiver Serienkonsument, doch unter meinem persönlichen Programm findet sich nicht eine Serie aus deutscher Produktion. Damit stehe ich nicht allein. Auch auf der Tagung FilmStoffEntwicklung vom Verband deutscher Film- und Fernsehdramaturgen war das schlechte Abschneiden deutscher Serien Thema. Serienjunkies berichtet, welche Ursachen dort dahinter vermutet wurden:
Die Redner vermuteten beispielsweise, dass amerikanische Serien schon allein durch den entfernten Spielort einen Vorteil haben, weil so die Zuschauer besser ihrem Alltag entfliehen können. Oder dass die erhöhte Komplexität und langfristigen Handlungsbögen die Zuschauer mehr an die Serie binden. Oder dass sich amerikanische Serien eher trauen, auch mal einen Bösewicht wie Dexter oder Walter White zum Held zu machen. Oder dass die Ausbildung für Autoren in den USA besser ist und früher beginnt. Oder dass die hiesige Fernsehlandschaft zu sehr von Redakteuren und weniger von Autoren geprägt ist.
Ich selbst sehe das Problem etwas unkomplizierter. In Amerika werden einfach durch den größeren Markt unglaublich viel mehr Serien produziert. Darunter auch viel Schrott. Nur bei dem riesigen Bedarf gibt es eben auch eher Sender, die sich mit etwas mehr Risikobereitschaft auf ausgefallenere Konzepte einlassen. Wäre der deutsche Serienmarkt so riesig, würde ich auch hier bessere Ergebnisse erwarten.
Mal abgesehen davon ist das nicht ein rein deutsches Problem. Wo sind beispielsweise die guten australischen Serien? Oder Schwedische? Österreichische?
Oh, nicht nur auf den US-Markt schielen bitte, sondern auch die fantastischen britischen Serien anführen. Man sollte meinen, dass das ähnliche System dort (1 Gruppe öffentlich finanziert (BBC) plus eine Handvoll privater Sender plus Satellit) ähnlich schlechte Ergebnisse wie hierzulande erwarten lassen würde, doch das Gegenteil ist der Fall.
Und da bricht auch der erste Grund mit dem entfernten Spielort zusammen, denn in den USA kommen ausländische Serien praktisch gar nicht vor, da sie lieber was Einheimisches sehen wollen. Die Amis werden kaum so verschieden von den Deutschen sein, dass es genau umgekehrt funktioniert, oder?!
Das ist fast eine Henne-oder-Ei-Frage. Vielleicht mal noch ne andere Idee: Vor dem 2. Weltkrieg ist ein Großteil bedeutender Filmschaffender in die USA gewandert. Nach dem 2. Weltkrieg wurden dann hier durch den amerikanische Einfluß amerikanische Filme gezeigt und erstmal wenig in Deutschland produziert. Die Idee ist, dass der Grund, warum wir soviel USA-Import bei Serien (und Filmen) haben demnach ein geschichtlicher ist. Wir vergrößern also den Absatzmarkt amerikanischer Serien. Einmal in Gang gesetzt ist das wohl nur schwer zu kippen (deshalb ist IMHO öffentlich rechtliches Fernsehen eine gute Sache und auch die starke Filmförderung). Deshalb gibt es in GB vielleicht auch mehr bessere Serien. Henne und Ei deshalb, weil der kleinere Markt natürlich wieder Folgen hat: Keiner hat Geld sich Dexter zu trauen. Keiner hat Geld für eine gute Ausbildung. Keiner finanziert langfristig angelegte Serien mit komplexen Handlungsbögen. Keiner hat Geld für Serien an entfernten Orten (denke nicht USA, sondern eher fremde Galaxien wie Star Trek oder Stargate). Hätten wir den Markt könnten wir uns das alles leisten. Könnten wir uns das alles leisten, hätten wir vielleicht den Markt dafür.
Andere Idee: Es gibt sehr viele deutsche Serien, welche auch von sehr vielen Leuten gesehen werden … nur gehörten wir, Florian, halt nicht dazu. (Damit meine ich nur Soas und ähnliche Formate … stark ist Deutschland zB auch bei Kirmi-Serien.)
Ich denke du hast vollkommen recht mit dem Hinweis darauf, dass in den USA viel mehr Serien gedreht werden. Wer in den USA lebt, kenne auch den alltäglichen Scheiß, der im TV läuft. Die werden aber eher selten exportiert.
Letztlich ist es wie mit Bands. Wenn eine unbekannte US-Band zum 1. Mal hier spielt, wundern wir uns über das hohe Niveau und vergessen, wie lange die Musikern schon in den USA unterwegs waren, bevor es nach Europa ging.
Serien oder Bands: was wirklich billiger Dreck ist, wird gar nicht erst exportiert.
@julia: GB hat einen etwas größeren Markt, da sie ihre Serien besser exportieren können. Ich glaube, das könnte durchaus eine Rolle spielen.
Wobei das natürlich die Frage aufwirft, was eigentlich mit den guten australischen Serien ist…. hmm… kennt jemand eine?
@Erik: Uh, stimmt, ich meine auch mal gehört zu haben, dass irgendwelche deutsche Krimiserien in X Länder exportiert wurden. Verblüffend. :)
Und warum gibt es eigentlich keine deutschen SF-Serien mehr. Es gab doch immerhin mal Raumpatrouille Orion, also scheint es doch prinzipiell möglich zu sein. Das war die letzte, oder? Ok, die amerikanische Konkurrenz könnte mit ihrem Budget sicherlich mehr protzen, aber irgendeine kultige Billigproduktion müsste doch eigentlich drin sein.
Andererseits ist SF glaube ich immernoch eher ein Nischenbereich, und eine Nische dann nur auf deutsche Zuschauer zu begrenzen könnte die Zielgruppe endgültig zu sehr schmelzen lassen.
Hmpf, eigentlich könnte ich die zwei Absätze zuvor jetzt einfach löschen, weil ich mich selbst widerlegt habe. :)
Ich selbst bin eigentlich gar kein Fan von deutschen Filmen oder Serien. Irgendwie können die Deutschen meiner Meinung nach keinen ordentlichen Filme produzieren, wobei es hier natürlich Ausnahmen gibt ;)
Außerdem schadet es auch nicht dem English, die original Filme oder Serien anzuschauen. Bin immer wieder dabei überrascht, wie anders die Stimmen da klingen.
So: Nun hab ich auch mal Kommentiert, wenn ich sonst schon nur lese :)
Willkommen unter den Kommentierenden, und natürlich auch vielen Dank fürs Lesen. :)
Ja, der Unterschied zwischen Original und Synchro ist immer wieder verblüffend. Hab‘ neulich mal Scrubs als Synchro gesehen. Aua…
Ich finde Scrubs grad ein schlechtes Beispiel, die Serie ist richtig gut synchronisiert (meine Meinung ;)).
Richtig abschreckend finde ich z.B. My name is Earl, Battlestar Galactica oder auch Firefly … Alles geniale Serien, aber auf deutsch anschauen kann ich sie mir nicht.